Grundsteinlegung
Es ist auch eine Erfüllung dieser Gottesverheißung für die hier oben auf der Steig in der Bildung begriffenen Tochtergemeinde der evang. Kirchengemeinde Cannstatt, wenn wir heute mit Dank gegen Gott den Grundstein legen dürfen zu diesem Gemeindehaus mit Kirchsaal, Vereinsräumen, Kinderschule, Wohnung für Kinderschwester und Gemeindediakonisse und Pfarrwohnung, in der Hoffnung, dass viele Teilnehmer an der heutigen Feier, so Gott will später auch die Grundsteinlegung einer evang. Kirche nebenan auf diesem selben Grundstück erleben dürfen. Die Stadtkirchengemeinde sieht in diesen Jahren aus ihrem vom Gotteshaus weit entfernten Außenbezirk zw. Haldenstr. und Burgholzhof, Löwentor und Zuckerfabrik ein neues Kirchspiel herauswachsen, zu dessen gottesdienstlicher Versorgung in seinem westlichen Teil, die seit 1920 bestehende Quellenkirche auch weiterhin dienen wird, für dessen östlichen Teil aber nun ebenfalls gesorgt werden muss. Die Gesamtkirchengemeinde tut dies mit dem nun begonnenen Bau, nachdem die Oberkirchenbehörde bereits im Zusammenhang mit der Errichtung einer weiteren für die untere Neckarvorstadt allein bestimmten vierten Pfarrstelle an der Stadtkirche die seelsorgerliche Betreuung des Außenbezirks Quellenkirche-Steig dem 2.Stadtpfarrer der Stadtkirche aufgetragen hat.
Das Bedürfnis nach einem Gottesdienstlichen Raum auf der Steig ist durch das rasche Heraufwachsen privater Siedlungen auf der Altenburg und in der Lämmleshalde und vollends der ausgedehnten städtischen Siedlungen am Nastplatz im Hallschlag und in der Römerstrasse unmittelbar dringend geworden. Der Gesamtkirchengemeinderat entschloss sich am 19.März 1925 zum Bauen. Man fasste die Erstellung eines Betsaales und eines Kinderschulraumes in`s Auge, letzteres um einem besonders stark sich fühlbar machenden Bedürfnis zu gleich Rechnung zu tragen. Nachdem hinsichtlich des Platzes andere ernsthaft erwogene Möglichkeiten ausgeschieden waren, wurde vor jetzt 2 Jahren beschlossen, der Erwerbung des städtischen Geländes im oberen Bogen der Steige, des jetzigen Bauplatzes, näher zu treten, eines ebenso schön gelegenen wie durch seine Lage den Bedürfnissen des Gemeindelebens aufs Glücklichste Rechnung tragenden Platzes, auf dem auch der Stadtbauplan eine Kirche vorsieht. Da er, auf dem Höhenrand der "Steig" zwischen der mächtigen Altenburgschule und der noch wuchtigeren Reiterkaserne gelegen, städtebaulich besonders bedeutsam ist, wurde von der Stadtverwaltung an seine Erwerbung die Bedingung eines Wettbewerbs zur Erlangung von Entwürfen für die Überbauung des ganzes Geländes einschließlich des späteren Kirchbaus geknüpft. Zu diesem Wettbewerb, für den insbesondere der Vorstand des Stadterweiterungsamts Herr Oberbaurat Dr.Otto der Kirchengemeinde in dankenswertester Weise seine Erfahrung zur Verfügung stellte und wertvolle Unterstützung zuteil werden ließ wurden im Benehmen mit der Stadtverwaltung die folgenden Architekten aufgefordert, die Herren - Regierungsbaumeister Alfred Daiber, Stuttgart
- Architekten Gebr. Eckert, Stuttgart
- Architekten Baurat K.Heim u. Seetzer, Stuttgart
- Prof. Wilhelm Jost, Stuttgart
- Regierungsbaumeister Richard Reißner
- Architekt Wilhelm Schuh, Cannstatt
- Architekt u. Dipl. Ing. Volkart u. Drüdinger., Stuttgart
Das Preisgericht bestehend aus den Herren:
- Prälat D.Dr. Holzinger, Ludwigsburg
- Dekan Kübler, Cannstatt, Vorsitzender
- Prof. Heinrich Wetzel, Stuttgart
- Architekt Albert Eitel, als Vertreter für den erkrankten Oberbaurat
- Eisenlohr
- Oberbaurat Dr.Otto, Vorstand des Stadterweiterungsamts Stuttgart,
entschied am 4.April 1927, dass 4 der eingereichten Entwürfe, nämlich diejenigen von Architekt Schuh, Regierungsbaumeister Reißner, Regierungsbaumeister Daiber und Prof. Jost, zu gleichmäßiger Auszeichnung empfohlen werden, darunter also zu unserer Freude die Arbeiten zweier Cannstatter Bewerber. Nach Durchführung des Wettbewerbs, konnte der vorgesehen Bauplatz für die Kirchengemeinde gesichert werden, währen über die Bedingungen der endgültigen Erwerbung durch Tausch mit unserem Grundstück in der " Wanne" die Verhandlungen mit der Stadtverwaltung gegenwärtig noch schweben.
Die Entwürfe gingen in das Eigentum der Kirchengemeinde mit dem recht freier Verwertung der darin niedergelegten Baugedanken über. Durch Beschluss des Gesamtkirchengemeinderats v. 30.April 1927 wurden die Herren Regierungsbaumeister Reißner Cannstatt und Architekt Schuh, Cannstatt gemeinsam mit der Ausarbeitung des endgültigen Bauentwurfs nach bestimmten Richtlinien und mit genau umschriebenem Bauprogramm beauftragt; und ihr neuer Entwurf, der für später ebenso gut Längsstellung wie Querstellung der Kirche zulässt, fand die Billigung der städtischen Behörden. Der nunmehr ausgearbeitete Bauplan mit einem Kostenvoranschlag von rund 220.000 Mark wurde vom Verwaltungsausschuss gutgeheißen, vom Gesamtkirchengemeinderat am 15.Juli 1927 einstimmig zum Beschluss erhoben und am 22,Juli vom evang. Oberkirchenrat genehmigt.
Das Werk in Angriff zu nehmen, ist uns nur das weitgehende entgegenkommen unserer Oberkirchenbehörde ermöglicht worden, für das wir ihr und im Besonderen unserem verehrten Herrn Landeskirchenpräsidenten D.Dr. von Merz und dem kürzlich heimgegangenen Herr Gh. Oberkirchenrat D.Dr.von Römer wärmsten Dank schuldig sind. Die Oberkirchenbehörde hat der Kirchengemeinde einen Beitrag von 80.000 Mark (u) verwilligt und ein Darlehen von 80.000 Mark unter günstigen Tilgungsbedingungen zur Verfügung gestellt, wozu 60.000 M. aus Mitteln der Kirchenpflege nach den Haushaltsplänen 1925, 1926 und 1927 hinzu kommen. Unser Dank gilt aber auch dem Landeskirchentag, der zur Beschaffung von Mitteln für dringende kirchliche Zwecke weise Vorsorge getroffen hat. Er gilt ferner der Stadtverwaltung Stuttgart und insbesondere den städtischen Baubehörden für mancherlei freundliche Beratung und Unterstützung bei den nötigen Vorarbeiten.
Am 4.Oktober 1927 wurde der erste Spatenstich (u) getan, und nach Fertigstellung der Grab- und Betonarbeiten ist nun mehr die Maurerarbeit in Gang. für den Rohbau wurden bisher unter tunlichster Berücksichtigung hiesiger Geschäftsleute vergeben:
Grab- , Kanalisations-, Chaussierungs- und Betonierarbeiten an Gottlob Heermann, Bauunternehmer hier,
Maurerarbeiten an Otto Hartung, Hofwerkmeister hier,
Eisenbetonarbeiten an Fa. Baumann und Bischoff, hier,
Zimmerarbeiten an Gottlieb Grau, Zimmereigeschäft hier,
Schmiedearbeiten an August Lasch, Schmiedmeister hier,
Flaschnerarbeiten an Fritz Maier, Flaschnermeister hier,
Dachdeckerarbeiten an Fa. Spieth u. Burkhardt, Hegnach,
Kunststeinlieferung an Fa. David Mößner, Feuerbach.
Wir hoffen, dass es nach der heutigen Grundsteinlegungsfeier trotz vorgerückter Jahreszeit noch möglich sein wird, in diesem Jahr den Rohbau unter Dach zu bringen. Möchte unter Gottes Beistand der ganze Bau glücklich und ohne Unfall von Statten gehen und im kommenden Jahr das Gemeindehaus seiner Bestimmung übergeben werden können als schlichte würdige Stätte der Anbetung und Erbauung der sich hier sammelnden Gemeinde und der zu ihr zählenden evangelischen reichswehrangehörigen, als Bildungsstätte christl. Jugend, als Heimat einer frohen Kinderschar, als Wohnung der Kinderschwester und der Gemeindediakonisse und als Pfarrhaus! Möchte es eine rechtes Haus der Gemeinde werden in dem es zur Wahrheit wird:
"Wohl denen, die in deinem Hause wohnen, die loben dich immerdas!" Amen.
So geschehen im Jahr des Heils 1927, am 22.Sonntag nach dem Dreieinigkeitsfest, den 13.November unter der Amtsführung von Dekan August Kübler
Oberbürgermeister der Satdt Stuttgart ist:
Dr.ing. h.c. Karl Lautenschlager _
Geistliche der Stadtkirche sind:
August Kübler, Dekan
Otto Engel, Stadtpfarrer
Friedrich John, Stadtpfarrer
Emil Lauxmann, Stadtpfarrer
Theodor Molt, Stadtvikar
_ Geistliche der Lutherkirche sind:
Reinhold Vollmer, Stadtpfarrer
Karl Kreeb, Stadtpfarrer
Martin Ott, Stadtpfarrer
Paul Schick, Stadtpfarrer
Walter Kittelberger, Stadtvikar
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Kirchenpfleger (u) ist Albert Rohm (u), Rechnungsrat
Mitglieder des Stadtkirchengemeinderats sind:
Elise Bayer, Frl.
Albert Blattner, Weingärtner
August Epple, Fabrikant
Gottlob Frey, Schreinermeister
Ludwig Frohnmeyer, Doktor Studienrektor a.D.
Eduard Heimerdinger, Kaufmann
Wilhelm Heinrich, Zivilingenieur
Hermann Hezel, Oberrechnungsrat
Martin Jetter, Rektor a.D.
Friedrich Keller, Kaufmann
Alexander Kretschmer, Kaufmann
Max Nick, Oberregierungsrat
Hugo Theilacker, Prokurist
Immanuel Weißner, Kaufmann
Mitglieder des Luthergemeinderats sind:
Albert Baha, Studienrat
Karl Blattner, Weingärtner
Georg Boeckh, Dr.med.prakt.Arzt
Heinrich Emich, Schlossermeister
Georg Fetzer, Obersteuersekretär
Hermann Gann, Rechnungsrat
Friedrich Gerne, Schreinermeister
Max Hartenstein, Kommerzienrat
Jakob Heimerdinger, Bäckermeister
Karl Kühnle, Oberlehrer
Albert Metzger, Betriebsobersekretär
Albert Mönch, Sattler
Philipp Schmiedt, Kaufmann
Karl Seeger, Oberlehrer
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letzte Seite:
Diese Urkunden unterzeichnen:
Dekan.....................
Stadtpfarrer..................
Kirchenpfleger....................
Die Mitglieder des Bau-Auschusses:
Die Architekten:
Cannstatt, den 13.November 1927